Kommentar

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Mit Grundeinkommen robuster durch die Krise?

von Mansour Aalam,
Foto: Shutterstock

Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie verwundbar wir als Gesellschaft sind. Würden wir mit einem Grundeinkommen, wie es gerade gefordert wird, besser durch die Krise kommen? Ein Beitrag von Mansour Aalam von der Stiftung Grundeinkommen in unserer Serie zur Debatte über das Grundeinkommen.

19. März 2020

Der Artikel in Kürze
Die Debatte ums Grundeinkommen wird nach Corona eine andere sein
— In der Krise treten die Probleme unserer Arbeitswelt deutlich hervor
— Damit ein Grundeinkommen nach der Krise Wirklichkeit werden könnte, müssten aber die Parteien ihre Position hierzu überprüfen

Es ist die erste von vermutlich vielen Wochen, in der Corona unsere Gesellschaft in einen Ausnahmezustand versetzt hat. Von einer Woche auf die andere ist aus einer latenten eine konkrete Bedrohung geworden, die weite Teile unseres öffentlichen, privaten und ökonomischen Lebens erfasst hat.

Noch ist schwer abzuschätzen, wie sehr sich unsere Gesellschaft verändern wird. Welche Belastungen etwa auf unser Gesundheitssystem und jeden Einzelnen zukommen, ob wir in eine tiefe Rezession geraten, auch wie sich unser Verhältnis zur Arbeit wandeln wird. Die Debatte dazu wird aber nach der Krise eine andere sein.

Jetzt ist der Moment, alle öffentlichen und privaten Anstrengungen zu unternehmen, um den Betroffenen zu helfen und die weitere Ausbreitung zu verlangsamen. Für die Zeit nach der Krise kann es sich jedoch lohnen zu überlegen, welchen Effekt ein Grundeinkommen in einer solchen Situation haben könnte. Denn gerade jetzt sehen wir wie durch ein Brennglas deutlicher die Entwicklungen und Probleme in der Arbeitswelt. Wir sind vernetzter und flexibler, aber auch anfälliger, weil wir Risiken von den Organisationen hin zu den Einzelnen verlagert haben.

Die existenziellen Sorgen all jener, die auf fortlaufende Aufträge angewiesen sind, etwa Beschäftigte in der Gastronomie oder Freelancer, die in der Gig Economy Jobs brauchen, um abgesichert zu sein, könnten mit einem Grundeinkommen gelindert werden. Strukturen, Netzwerke und berufliche Existenzen blieben erhalten, deren Wiederaufbau teurer und nur unter großen Anstrengungen möglich wäre. Allein dieses erhöhte Sicherheitsempfinden könnte vielleicht dazu beitragen, dass in einer Situation wie der derzeitigen Corona-Krise wichtige zivilgesellschaftliche Aufgaben übernommen werden würden – und dass sich die Abwärtsspirale aus Angst und Pessimismus weniger schnell drehen würde.

Die Politik könnte sich noch mehr auf die medizinische Bekämpfung des Virus konzentrieren. Und unsere Gesellschaft wäre durch ein Grundeinkommen womöglich weniger krisenanfällig und würde robuster durch ähnliche Situationen gehen. Denn ein Grundeinkommen ist ein flexibles System, das vor allem dann für uns da ist, wenn wir es brauchen, aber uns auch Sicherheit gibt, wenn es gerade nicht genutzt wird. Das macht es so reizvoll.

Doch damit dies nach der Krise Wirklichkeit werden könnte, müssten unsere Parteien ihre Positionen gegenüber einem Grundeinkommen überprüfen, und wir müssten vor allem unsere Verwaltung weiterentwickeln, damit sie digitalisierter, schlanker, unbürokratischer und effizienter wird. Davon sind wir gerade relativ weit entfernt. Aber vielleicht ist das die Chance: dass wir uns trauen, den Status quo nachhaltig infrage zu stellen und neue Lösungen zu entwickeln, die wir für diese neuen Probleme unserer Gesellschaft brauchen.

Mansour Aalam, Geschäftsführer der Stiftung Grundeinkommen.
Foto: Markus Burke
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